11.02.2012

Christian Dior fall winter 2011 2012

Dior Givenchy Chanel Die Wiedergeburt der alten Modemeister




Interview. Exquisite alte Designerkleidung erzielt bei Auktionen Spitzenpreise. Der investor sprach mit Pat Frost, Vintage-Expertin bei Christie's.


Investor: Frau Frost, können Sie uns einige Zahlen zum Vintage Couture-Markt nennen?

Pat Frost: Christie's South Kensington veranstaltet eine Vintage Fashion-Auktion pro Jahr, mit einem Gesamtschätzwert zwischen 200.000 und 400.000 Pfund. Zudem bieten wir einmal pro Jahr eine Auktion von Hermès-Handtaschen zu einem Gesamtschätzwert von rund einer Million Pfund an. Gelegentlich veranstalten wir auch Auktionen von Sammlungen prominenter Einzelpersonen, wie die Modekollektion der Hollywood-Diva Elizabeth Taylor, die im Dezember 2011 für einen Gesamterlös von 5,5 Millionen US-$ bei Christie's in New York versteigert wurde.

Im deutschsprachigen Raum sind Auktionen alter Luxusmode rar. In welchen Städten sollte man sich als Sammler umsehen?

Hier muss man auf London und New York achten. Wir Angelsachsen haben uns immer in Vintage angezogen. In Frankreich, Italien und Deutschland war das bis vor Kurzem ungewöhnlich.

Seit wann registriert man das Phänomen Vintage bei Christie's?

"Costumes and Textiles sales" fanden schon vor mehr als 30 Jahren statt: 1972, mit historischen Gewändern und Roben der Prinzessin zu Wied, Königin von Rumänien (1843-1916). Dann folgte 1974 die Versteigerung der persönlichen Garderobe von Coco Chanel. Die Wertsteigerung von exquisiten Stücken in einem sehr guten Erhaltungszustand zeigt sich hier besonders eindrücklich. Ein Kleid der Chanel-Auktion, das wir für 1000 Pfund versteigert haben, wurde 2010 für 13.000 Pfund wieder verkauft. Den ersten Vintage Fashion-Verkauf habe ich Mitte der 1990er-Jahre zusammengestellt. Das war damals etwas völlig Neues. So richtig in Mode kam Vintage Fashion um 2000, als Magazine und Supermodels anfingen, darüber zu reden. Heute erzielen wir in unseren Auktionen zehnmal so viel wie 1994.1997 kamen die sogenannten "Street fashion sales" dazu.

Was waren die teuersten oder aufregendsten bei Christie's auktionierten Vintage-Exemplare?

Sehr aufregend war die Versteigerung des "kleinen Schwarzen", das Audrey Hepburn in dem Filmklassiker "Breakfast at Tiffany's" getragen hat, oder die Auktion "Unforgettable: Fashion of the Oscars" im März 1999 in New York. Und kürzlich, am 14. Dezember 2011, wurde bei der Abendauktion "The Icon And Her Haute Couture" die persönliche Modesammlung von Elizabeth Taylor versteigert. Eines der Spitzenlose war ein silbernes Dior-Abendkleid der Frühjahrskollektion 1968. Es wurde bei einem Rufpreis von 4000 bis 6000 US-$ für 362.500 US-$ versteigert. Die ursprünglichen Kaufpreise waren übrigens immer recht hoch. Man muss wahrscheinlich an die 50 Jahre warten, bis man einen Wiederverkaufspreis erzielen kann, der den ursprünglichen Kaufpreis übersteigt; es sei denn, der Schöpfer Ihres Kleidungsstücks stirbt verfrüht, wie etwa Alexander McQueen (2010 verstorbener britischer Designer, Anm.). Die Preise und Nachfrage für seine Kreationen sind in die Höhe geschossen, was sicher durch das limitierte Angebot begründet ist.

Was braucht es, damit ein Stück hohe Wertzuwächse erfährt?

Alles in der Elizabeth Taylor-Auktion wurde weit über dem Schätzpreis versteigert-hundertfach teurer. Man braucht Provenienz, eine einwandfreie Originalfassung und eine möglichst gute Geschichte.

Auf der Christie's-Homepage findet man ein Givenchy-Cocktailkleid aus dem Jahr 1965, das um 138 Pfund versteigert wurde, oder ein Ungaro-Satinkleid für 200 Pfund. Das klingt relativ günstig für rare Produkte aus berühmten Schneidereien...

Diese Mode kann günstig sein - ein Couture-Kleid für 1000 Pfund ist eine gute Sache! Wir versteigern Haute Couture und Prêt-À-Porter von allen wichtigen Designern des 20. Jahrhunderts. Unsere Schätzpreise bewegen sich zwischen 200 Pfund für ein Pucci-Sommerkleid und 20.000 Pfund für ein 1952er-Dior-Kostüm. Wenn es um Wertsteigerung geht, sollten Sie Ihre 1980er-Couture also ruhig noch ein paar Jahre reifen lassen.

Welche Modehäuser eignen sich zum wertsteigernden Sammeln?

Am gefragtesten sind Modeikonen wie eine 1930er-Chanel-Kreation aus der Feder Coco Chanels oder ein 1940er-oder 1950er-Dior-Design, an das der Meister selbst noch Hand angelegt hat. Trends gibt es auch. Da in der Mode ja bekanntlich alles wiederkehrt, korrespondiert das, was sich bei uns zurzeit am besten verkauft, quasi mit dem, was gegenwärtig auf den Laufstegen gezeigt wird. Dieses Jahr sind es klare Schnitte, wie sie Balenciaga in den 1940ern gemacht hat.

Ab welchem Alter fällt ein Kleidungsstück in die Kategorie Vintage?

Das ist bei jedem Designer anders. Gesucht sind im Moment die Vorkriegsmoden von Chanel, Balenciaga, Vionnet, Poiret und Dior aus den 40er und 50er Jahren.

Spielt Herrenmode im Vintage-Segment eine Rolle?

Ja. Es sei aber bemerkt, dass Herren nicht so von Moden beeinflusst werden, mit einigen Ausnahmen. Das bedeutet, dass Herrenmode oft so lange getragen wird, bis sie förmlich auseinanderfällt. Es fehlen also Yves Saint Laurent- oder Pierre Cardin-Stücke in unseren Museen. Das gilt auch für das 18. sowie das 19. Jahrhundert. Was selten ist, kann aber teuer sein. Vor allem, wenn es bunt und abenteuerlich ist.