24.03.2011

Stefan Polzhofer, Geschäftsführer der Neuen Wiener Werkstätte, stellt die neue Joop-Kollektion vor und spricht im -Interview über klingende Designernamen und neue Einrichtungstrends.



Wolfgang Joop entwirft neuerdings Möbel für die Neue Wiener Werkstätte. Ein glücklicher Zufall? Wie sucht Ihr Unternehmen die Designer aus?

STEFAN POLZHOFER: Der Zugang ist unterschiedlich. Bei Wolfgang Joop ist es so, dass er schon jahrelang Kunde unseres Hauses ist. Er beschäftigt sich seit den 1970er-Jahren mit der historischen Wiener Werkstätte, über die persönliche Bekanntschaft mit meinem Bruder kam dann irgendwann die Idee, dass er auch für die Neue Wiener Werkstätte designen wird. Andere Designer treten aktiv auf uns zu, schicken uns Designvorschläge. Oder wir glauben, dass ein bestimmter Designer zu uns passt, und sprechen ihn persönlich an: Das war etwa bei Annette Hinterwirth der Fall. Ab 2012 haben wir übrigens auch den "Wiener Werkstätten Design Award" für junge Designer geplant. Wir sehen das als Mitgift von der historischen Wiener Werkstätte.

Wie wichtig ist ein klingender Designername für ein Produkt überhaupt?
POLZHOFER: Eigentlich gar nicht. Wir verstehen uns als Gesamteinrichter für alle Bereiche von Wohnen, Schlafen und Essen bis zum Arbeiten. Unsere Linie ist dabei eine klare Linie. Um es mit Wolfgang Joop zu sagen: "Reduced to the max." - Auf ein Maximum reduziert, das war auch die Philosophie der historischen Wiener Werkstätte. Nicht der Designer ist wichtig, sondern wie er sich auf uns einlässt. Um auch hier wieder Wolfgang Joop zu zitieren: "Die Übereinstimmung in Geschmacks- und Detailfragen ist Grundlage einer inspirierenden Zusammenarbeit."
Wie wichtig ist dabei der Überraschungsmoment? In welchen Abständen muss eine Neuheit auf den Markt?
POLZHOFER: Wir haben im Jahr vielleicht eine große Produktneuentwicklung, manchmal auch zwei. Ein echtes Dauerthema ist aber die Weiterentwicklung eines Produkts. Früher wurde auf dem Sofa weniger gelümmelt, heute sitzt man hier wie auf einem Tagesbett: Sitzhärte und Sitztiefe ändern sich - und die Menschen werden auch größer. Tatsächliche Neuheiten sind oft in Details zu sehen, in der Verarbeitungsqualität. Ein gutes Beispiel für die Modellpflege ist unter anderem unser Polstermöbel Castell, das wir seit 40 Jahren im Programm haben.
Lässt sich an den neuen Entwürfen von Joop ein Einrichtungstrend ablesen?
POLZHOFER: Ja - es geht in Richtung "Cocooning", Rückzug ins Eigenheim - neues Biedermeier. Der Hochlehner von Wolfgang Joop ist ideal für den Rückzug aus dem Alltag, er umhüllt und umarmt einen fast. Zusätzlich geht der Trend zu erdigen Farben und hochwertigsten Materialien wie Eiche.
Die Wirtschaftskrise hat hier nachgeholfen?
POLZHOFER: Es ist definitiv so, dass Leute für Nachhaltigkeit und Qualität mehr Geld ausgeben als zuvor. Nach den schlechten Erfahrungen an der Börse investieren die Leute lieber in ihr Eigenheim und in Möbel für Generationen. Die Entscheidungsfindung mag länger dauern, es wird aber mehr investiert.
Damit wird auch die Ökologie verstärkt zum Thema?
POLZHOFER: Die Kunden fragen sehr danach. Wir verwenden auch nur wasserlösliche Lacke und heizen mit den Sägespänen, die bei der Produktion anfallen, das Werk - um nur zwei Beispiele zu nennen. Und wir stellen Produkte her, die für Generationen halten.
Möbel der Neuen Wiener Werkstätte werden ausschließlich in Pöllau bei Hartberg gefertigt. Wird es dabei bleiben?
POLZHOFER: Wir denken nicht daran, das zu ändern. Im Gegenteil: Unsere Fertigungstiefe liegt bei fast 100 Prozent - das heißt, wir kaufen fast alle Bestandteile direkt in der Region.

    Polzhofer_Stefan  Foto © NWW    Link